Typische Probleme der Studenten/innen im Mietrecht/WG-Recht

von Rechtsanwalt David Herz

I. Was ist eine WG und wie kann diese ausgestaltet sein?

Für den Begriff der „Wohngemeinschaft“ (WG) gibt es weder in der Rechts- noch in der Umgangssprache eine einheitliche Bedeutung. In der Regel ist die WG ein lockerer Zusammenschluss von mehreren Personen, die eine Wohnung oder ein Haus gemeinsam bewohnen. Für ein solches Konzept gibt es zwei Gestaltungsmöglichkeiten:

Entweder sind alle Mitglieder der WG Partei oder es ist nur ein Mitglied der WG Partei des Mietvertrages.

Ersteres ist das wohl häufigste Modell in der Praxis. Untereinander verbinden sich die Mitglieder dabei meist – wenn auch nur mündlich – durch eine sog. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (auch BGB-Gesellschaft genannt). Zweck der Gesellschaft ist die Beschaffung und Unterhaltung einer Unterkunft. Soll ein Mitglied aus dem Mietvertrag ausscheiden und ein anderes Mitglied dafür in den Mietvertrag eintreten, muss dies durch einen Mieterwechsel geschehen. Die Mieter haben dabei keinen Rechtsanspruch gegen den Vermieter, dass dieser einen Mieter entlässt und an dessen Stelle mit einem anderen Mieter einen Vertrag abschließt. Allerdings hat der Vermieter einen solchen Mieterwechsel hinzunehmen. Er kann aber den Mieterwechsel im vornherein vertraglich auszuschließen, wenn er den Austritt ursprünglicher und den Eintritt neuer Vertragspartner ausschließen will.

Da der Austausch der WG-Mitglieder jedoch überwiegend im Interesse der Mieter liegt, ist es auch sachgerecht, wenn sie selbst die Vertragsgestaltung übernehmen. Fehlt eine solche Vereinbarung, bleibt den Mietern immer noch der Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung.

Wollen alle Mitglieder der WG das Mietverhältnis beenden, muss eine Kündigung im Namen aller Mieter an den Vermieter gerichtet werden. Genauso muss eine Kündigung seitens des Vermieters gegenüber allen Mitgliedern der WG erklärt werden.

Wenn nur ein Mitglied der WG Partei des Mietvertrages ist, wird mit dem Hauptmieter in der Regel vereinbart, dass er das Recht haben soll, weitere Mitglieder in die Räume aufzunehmen. Zwischen den Bewohnern besteht dann ebenfalls eine BGB-Gesellschaft, sofern fast alle Räume gemeinsam genutzt werden. Falls den Mietern einzelne Räume zur ausschließlichen Benutzung vermietet werden, sind die Mitbewohner jeweils Untermieter.

Des Weiteren hängt es von der Ausgestaltung des Hauptmietvertrages ab, wie viele Mitbewohner der Hauptmieter in die Wohnung aufnehmen darf. Ist dem Hauptmieter eine generelle Erlaubnis zur Untervermietung erteilt worden, so kann der Hauptvermieter seinerseits keinen Einfluss auf den Bewohnerwechsel nehmen.

Meist liegt aber keine generelle Untervermietungserlaubnis vor. Liegt aber eine genehmigte Untervermietung vor, kann der Hauptmieter die einzelnen Untermietverhältnisse selbstständig beenden. Jedoch ist die Aufnahme neuer Untermieter von einer Erlaubnis abhängig, auf deren Erteilung der Hauptmieter allerdings in der Regel einen Anspruch haben wird.

Für die Mieter besteht hier allerdings der Nachteil, dass sie vollständig vom Bestand des Hauptmietvertrages abhängig sind. Zudem müssen sie es sich als Untermieter vollständig zurechnen lassen, wenn der Hauptmieter seine Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht erfüllt, obwohl sie sich selbst vertragsgemäßes verhalten haben.

II. Grundlagen des WG Rechts

Wohngemeinschaften werfen besondere rechtliche Fragen auf. Problematisch sind vor allem die Haftung der WG-Mitglieder für mietvertragliche Verbindlichkeiten sowie der Wechsel der Mieter innerhalb einer WG.

1. Haftung der WG-Mitglieder während ihrer WG-Mitgliedschaft

Hier ist zwischen den mietvertraglichen Hauptpflichten (Miete), die allein durch die Begründung des Mietverhältnisses entstehen und den mietvertraglichen Nebenpflichten (z.B. Schönheitsreparaturen) zu unterscheiden.

Haben sich die WG-Mitglieder gemeinschaftlich als Mehrheit von Mietern durch den Mietvertrag verpflichtet, so haften sie im Zweifel gesamtschuldnerisch nach §§ 421 ff. BGB, also gemeinsam für die Miete. Hieraus ergibt sich, dass der Vermieter jedes WG-Mitglied unmittelbar auf die gesamten Mietforderungen in Anspruch nehmen kann.

Der Haftungsumfang hinsichtlich der Nebenpflichten (z.B. für Schönheitsreparaturen) ist hiervon zu unterscheiden.

Haben sich die WG-Mitglieder gemeinschaftlich als Mehrheit von Mietern verpflichtet, so ist § 425 BGB zu berücksichtigen. Danach wirkt das jeweilige Verschulden nur für und gegen den Gesamtschuldner d.h. nur gegen das schuldhaft handelnde WG-Mitglied. Die Haftung der übrigen WG-Mitglieder für eine schuldhafte Pflichtverletzung durch ein anderes WG-Mitglied bedarf somit stets einer besonderen Begründung.

Keine Probleme bereitet dagegen die Begründung der gesamtschuldnerischen Haftung der WG-Mitglieder für eine schuldhafte Pflichtverletzung durch ein anderes WG-Mitglied, wenn die WG als einheitliche „Wohngemeinschafts-BGB-Gesellschaft“ Vertragspartnerin geworden ist. Die schuldhafte Verletzung einer vertraglichen Pflicht durch ein WG-Mitglied wird der BGB-Gesellschaft dann zugerechnet (über § 278 BGB oder analog § 31 BGB). Hier zeigt sich also, dass die gesellschaftsrechtlichen Maßstäbe strenger sind.

2. Haftung des ausscheidenden und des neu eintretenden WG-Mitglied

Die richtige Einordnung der Vertragspartner ist insbesondere im Zusammenhang mit dem Mitgliederwechsel und der daraus folgenden Haftung des aus- bzw. eintretenden Mitglieds der WG von Bedeutung. Gerade in einer WG kommt es zu ständigem Wechsel der WG-Bewohner. Insofern stellt sich immer wieder die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Wechsel der Bewohner vollzogen wird und wie die daraus resultierende Haftung des aus- bzw. eintretenden Mitglieds zu behandeln ist.

a) Mietvertragspartei sind die WG-Mitglieder als Mehrheit

Sind die einzelnen WG-Mitglieder als Mehrheit von Mietern Vertragspartei geworden, ist der Mietvertrag dennoch mit den einzelnen WG-Mitgliedern zustande gekommen. Wenn hier ein einzelnes WG-Mitglied in den Mietvertrag aus- oder eintritt, wird jeweils der Mietvertrag inhaltlich geändert, weil stets auf Mieterseite die Partei des Mietvertrags betroffen ist

Damit der Mitgliederwechsel wirksam ist, sind die Mitwirkung aller Vertragsparteien und die Zustimmung des Vermieters erforderlich. Dabei liegt die Erteilung der Zustimmung grundsätzlich im Ermessen des Vermieters, sie kann allerdings auch schon im Mietvertrag geregelt sein.

Bei Studenten-WGs ist aber zu berücksichtigen, dass dem Vermieter bereits bei Abschluss des Mietvertrags bekannt ist, dass diese auf einen Mitgliederwechsel angelegt ist. Demnach kann auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Zustimmung im Mietvertrag bei einer studentischen WG von einer Zustimmung durch schlüssiges Verhalten (sog. konkludente Zustimmung) ausgegangen werden. Dies setzt lediglich voraus, dass der WG-Mitgliederwechsel dem Vermieter zumutbar ist und die Gesamtzahl der WG-Bewohner nicht überschritten wird. Verweigert der Vermieter seine Zustimmung ohne sachlichen Grund, so haben die WG-Mitglieder gegen den Vermieter einen Anspruch auf Zustimmung zu dem Mieterwechsel. Sollte der Vermieter dem WG-Mitgliederwechsel ohne sachlichen Grund nicht zustimmen, können die WG-Mitglieder den Mietvertrag außerordentlich kündigen.

aa) Haftung des austretenden Mitglieds

Hier ist besonders die Befreiung der zukünftig fällig werdenden Mietverbindlichkeiten relevant. Durch den Auszug allein wird das WG-Mitglied nicht automatisch aus dem Mietverhältnis entlassen und frei von den daraus begründeten Zahlungsverpflichtungen. Ohne Zustimmung des Vermieters haftet das ausgeschiedene Mitglied für die während seiner Mitgliedschaft begründeten Verbindlichkeiten weiter.

Scheidet ein WG-Mitglied, das selbst Vertragspartei des Mietvertrags war, mit Zustimmung des Vermieters aus der WG aus, so wird es vollständig aus dem Mietverhältnis entlassen und damit auch frei von jeglicher Haftung aus fällig werdenden Mietverbindlichkeiten. Für die davor begründeten und fällig gewordenen Verbindlichkeiten haftet das ausscheidende WG-Mitglied dagegen weiterhin.

bb) Haftung des eintretenden Mitglieds

Gemäß den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsübernahme, müsste das neu eintretende Mitglied der WG auch für die vor seinem Eintritt begründeten und fällig gewordenen Mietverbindlichkeiten einstehen, da es vollständig in ein bestehendes Mietverhältnis eintritt. Dieses entspricht jedoch nicht den Willen und Interesse des eintretenden WG-Mitglieds. Die Zustimmungserklärung des Vermieters ist demnach so auszulegen, dass mit Mieterwechsel zugleich vereinbart wird, dass das neu in den Mietvertrag eintretende Mitglied nicht für die vor seinem Eintritt begründeten Altschulden haftet.

b) Mietvertragspartei ist die WG-BGB-Gesellschaft

Ist die WG als solche Partei des Mietvertrags geworden, ist also die Personengesellschaft selbst der Vertragspartner und daher muss auch die Haftung bei Mitgliederwechsel unter gesellschaftsrechtlichen Gesichtpunkten bewertet werden.

In dieser Konstellation wird der Inhalt des Mietvertrags nicht geändert, da die einzelnen Parteien des Mietvertrages nicht durch den Mieterwechsel betroffen sind. Denn Partei des Mietvertrages bleibt die WG in Form der nach außen in Erscheinung tretenden BGB-Gesellschaft. Ein Gesellschafterwechsel berührt also nicht die Identität der Mietvertragspartei. Die Übertragung der Mitgliedschaft (der BGB-Gesellschaft) erfolgt nach §§ 398, 413 BGB und setzt lediglich die Zustimmung aller WG-Mitglieder voraus. Da Mietvertragspartei stets die WG bleibt, wird das Außenverhältnis zum Vermieter nicht berührt. Will der Vermieter dennoch Einfluss auf die Zusammensetzung der WG behalten, so liegt es an ihm, sich die Zustimmung ausdrücklich im Mietvertrag vorzubehalten. In diesem Fall darf der Vermieter seine erforderliche Zustimmung jedoch nur dann verweigern, wenn hierfür ein sachlicher Grund in der Person des neuen WG-Mitglieds besteht.

Ausnahmsweise darf der Vermieter allerdings seine Zustimmung verweigern, wenn die WG beliebig durch Aufnahme neuer Mitglieder wächst, etwa wenn aus einer „3er-WG” eine „5er-WG” werden soll. Zwar ändert sich durch die Aufnahme neuer Mitglieder ebenfalls nicht die Mietvertragspartei. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass bei einem Mietverhältnis über Wohnraum nicht die WG selbst wohnen kann, sondern nur ihre Mitglieder. Wird an eine WG also eine Wohnung mit drei Einzelzimmern vermietet, so wird damit zugleich – wenn auch nicht ausdrücklich – als Inhalt des Mietvertrags vereinbart, dass die WG nicht mehr als drei Mitglieder haben darf und dass der Vermieter zu einem Eintritt weiterer WG-Mitglieder zustimmen muss. Jedenfalls ist die WG damit gegenüber dem Vermieter verpflichtet, nicht mehr als z.B. drei Mitglieder aufzunehmen. Verstößt sie gegen diese Pflicht, so hat der Vermieter gegen die WG einen Anspruch darauf, dass diese ihre Mitgliederzahl auf drei reduziert. Eine Weigerung der WG kann für den Vermieter einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des § 543 BGB darstellen, da dem Vermieter die Überbelegung des Wohnraums regelmäßig unzumutbar sein wird. Dann darf der Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos kündigen.

aa) Mitgliederwechsel ohne Zustimmungsvorbehalt des Vermieters

Für die Nachhaftung des aus einer WG-BGB-Gesellschaft ausscheidenden WG-Mitglieds bestimmt § 736 Abs.2 BGB, dass die für die Personenhandelsgesellschaften geltenden Regeln über die Begrenzung der Nachhaftung, also § 160 HGB, sinngemäß gelten sollen. Dies führt für das ausgeschieden Mitglied zu einer erheblichen Nachhaftung für die Mietverbindlichkeiten. Denn es haftet für alle innerhalb von fünf Jahren nach seinem Ausscheiden fällig werdenden Mietverbindlichkeiten der WG.

Bei neu eintretenden WG-Mitgliedern hat der BGH den Haftungsumfang für sog. Altverbindlichkeiten durch die analoge Anwendung des § 130 HGB geklärt. Danach haftet das neue WG-Mitglied also auch für Altverbindlichkeiten der WG. Diese Regelung dient u.a. dem Gläubigerschutz, da die Personengesellschaft in der Regel über kein Haftkapital verfügt.

Wird also die WG Vertragspartei des Mietvertrags, greift das gesellschaftsrechtliche Haftungssystem §§ 128 ff HGB. Dies führt gegenüber der Variante, in der die WG-Mitglieder als Mehrheit von Mietern Vertragspartei werden, zu einer Haftungsverschärfung. Insbesondere gilt dies für die Haftung des aus einer WG ausscheidenden und des in eine WG eintretenden Mitglieds. Vor diesem Hintergrund entspricht es den Interessen der WG-Mitglieder, dass sie selbst gemeinschaftlich Parteien des Mietvertrags werden und nicht die WG Partei des Mietvertrags wird.

bb) Mitgliederwechsel mit Zustimmungsvorbehalt des Vermieters

Wird der Mitgliederwechsel von der Zustimmung des Vermieters abhängig gemacht sieht die Rechtslage anders aus.

Hat sich der Vermieter die Zustimmung zu dem neuen WG-Mitglied vorbehalten, ist er nach Erteilung der Zustimmung wegen der Nachhaftung des ausscheidenden und der Haftung des neu eintretenden WG-Mitglieds nicht schutzwürdig. Dem Vermieter ist bekannt, dass die WG-Mitglieder weder für die nach ihrem Ausscheiden fällig werdenden noch für die vor ihrem Eintritt fällig gewordenen Mietverbindlichkeiten haften wollen. Insofern kann der mietvertraglich vereinbarte Zustimmungsvorbehalt nur dahingehend ausgelegt werden, dass der Vermieter mit Erteilung der Zustimmung zugleich auf die Nachhaftung des aus der WG ausscheidenden WG-Mitglieds verzichtet.

Ist also die WG Vertragspartei des Mietvertrags geworden und ein Mitgliederwechsel der WG mietvertraglich jedoch an die Zustimmung des Vermieters geknüpft, führt die Zustimmung des Vermieters zu dem Mitgliederwechsel dazu, dass das Haftungssystem des § 736 BGB i.V.m. § 160 HGB und des § 130 HGB analog nicht eingreift. Es haftet weder das ausgeschiedene WG-Mitglied für die nach seinem Ausscheiden fällig werdenden Mietverbindlichkeiten noch das eintretende WG-Mitglied für die vor seinem Eintritt fällig gewordenen Mietverbindlichkeiten, sofern sich der Vermieter diese Haftung bei Erteilung der Zustimmung nicht ausdrücklich vorbehalten hat.

III. Fazit

Letztlich bieten alle oben genannten Varianten der Ausgestaltung eines WG-Mietvertrages Vor- und Nachteile. Abzuraten ist jedoch von dem Modell, in dem die WG-BGB-Gesellschaft Mietvertragspartei ist und der Vermieter kein Zustimmungsvorbehalt zum WG-Mitgliederwechsel erteilt hat. Denn in diesem Modell kommen die strengeren gesellschaftsrechtlichen Haftungsprinzipien am stärksten zum Tragen und führen zu einer starken Belastung insbesondere der ein- und austretenden WG-Mitglieder.

Empfehlenswert ist vor allem das Vertragsmodell, in dem alle Mitglieder als Mehrheit Mietvertragspartei werden. Denn dadurch kommt es nicht zu einer gesellschaftsrechtlichen Haftung der einzelnen WG-Mitglieder im Verhältnis zu dem Vermieter und schließlich darf man auch nicht außer Acht lassen, dass es unter einzelnen WG-Mitgliedern auch mal zu Meinungsverschiedenheiten kommen kann. Und dann möchte man nicht unbedingt auf die strengere Haftung unter Gesellschaftern verwiesen werden müssen.