Auf rechtlichem Wege zum Wunschstudium

Neben alternativen Studienwegen gibt es auch eine rechtliche Möglichkeit, bei einer Ablehnung von einer staatlichen Hochschule, dennoch einen Studienplatz zu erhalten: mit Hilfe der sog. „Studienplatzklage“.

Die Studienplatzklage, auch Kapazitätsverfahren genannt, ist eine Möglichkeit, mittels anwaltlicher Hilfe eine Zulassung im begehrten Studiengang zu erhalten. Es handelt sich dabei um eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit, die sich auf Artikel 12 I des Grundgesetzes stützt. In diesem Grundrecht ist die Berufsfreiheit geregelt, zu welcher auch die Berufswahlfreiheit, insbesondere die freie Wahl der Ausbildung zählt.

Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 1972 (BVerfG: Zulässigkeit des absoluten Numerus clausus für Studienanfänger) entschieden, dass die Einschränkung der Berufswahlfreiheit durch einen Numerus Clausus grundsätzlich zulässig ist. Dies ist auch unvermeidbar, da nicht unbegrenzt viele Studienplätze zur Verfügung gestellt werden können.

Es wurde aber auch entschieden, dass „absolute Zulassungsbeschränkungen für Studienanfänger nur verfassungsmäßig (und damit zulässig) sind, wenn sie zum einen in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazitäten angeordnet werden und zum anderen Auswahl und Verteilung der Bewerber nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden an sich hochschulreifen Bewerber und unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes erfolgen“.

Mit einfachen Worten: Die Hochschulen müssen ihre Kapazitäten voll ausschöpfen, also so viele Studienplätze wie möglich anbieten. Kommen sie dem nicht nach und machen Fehler bei der Berechnung, liegt ein Verstoß gegen Artikel 12 I GG vor. Genau das ist auch der Ansatz der Studienplatzklage. Die Anwälte werfen den Hochschulen vor, dass sie Ihre Kapazitäten nicht voll ausgeschöpft haben. Dies gilt es dann in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren zu überprüfen. Aus diesem Grund heißt die Studienplatzklage im Fachterminus auch Kapazitätsprozess oder Kapazitätsverfahren.

Angesichts der überfüllten Hörsäle scheint es so, dass die Hochschulen statt zu wenig eher zu viele Studenten zulassen. Auch könnte man meinen, dass in den 40 Jahren seit der damaligen Entscheidung die Universitäten gelernt haben, fehlerfrei zu rechnen. Laut Aussage der Rechtsanwälte aus dem Hochschulrecht ist dem aber nicht so. So gibt es Jahr für Jahr etliche 1000 Verfahren, von denen viele zu Gunsten der Kläger ausgehen.

Auf Grund der Doppelabiturjahrgänge sowie des ausgesetzten Wehrdienstes sind die Zulassungshürden weiter gestiegen, so dass die Anzahl der Studienplatzkläger in den letzten Jahren gestiegen ist. Die Kriterien wie der Abiturdurchschnitt oder andere subjektive Qualifikationen spielen dabei nur in wenigen Bundesländern, wie etwa Hamburg, eine Rolle und sind grundsätzlich nicht ausschlaggebend.

Merkzettel: Wie gehe ich am besten vor?

  • rechtzeitig, am besten direkt nach Erhalt des Abiturzeugnisses, die erste Kontaktaufnahme mit einem Anwalt

  • konkrete Kostenaufstellung erstellen lassen

  • ggf. Deckungsanfrage bei der Rechtschutzversicherung, sofern ihr oder eure Eltern eine haben

  • ggf. auf Prozesskostenhilfe hinweisen, nach Beratungshilfeschein fragen

  • mit euren Eltern sprechen, sie in die Entscheidung mit einbeziehen

  • Geduld haben, die Klage kann sich einige Wochen/ Monate hinziehen

Für die meisten potenziellen Kläger stellt sich zunächst die Frage: Kann ich mich  in jedes Studienfach einklagen? Dies ist grundsätzlich mit einigen Besonderheiten zu bejahen.

Die erste und wichtigste Voraussetzung ist die Hochschulreife, also das Abitur. Ohne Abitur fehlt es an der Grundvoraussetzung, so dass das Einklagen nicht möglich ist. Möchte man an einer Universität studieren, wird die allgemeine Hochschulreife benötigt. Für eine Klage an einer Hochschule bzw. Fachhochschule reicht das Fachabitur.

Weiterhin gibt es Studiengänge, in welchen zusätzliche Voraussetzungen erfüllt werden müssen. So ist es etwa für ein Sportstudium notwendig, einen Sporttest zu bestehen, sofern dies von den jeweiligen Universitäten verlangt wird. Auch kann für ein philologisches Studium ein Sprachentest erforderlich sein. Ohne diese Leistung ist das Kapazitätsverfahren nicht möglich.

Eine Bewerbung an der Universität im gewünschten Studienfach ist hingegen nicht immer erforderlich. Es gilt aber zu beachten, dass die Studienplatzklage rechtzeitig zu planen ist. So laufen in einigen Bundesländern bereits Fristen ab, bevor man überhaupt den Ablehnungsbescheid von hochschulstart.de oder der Universität erhalten hat. Dies ist zwar einerseits gemein, weil dadurch vielen Studienplatzklägern die Möglichkeit zur Klage in diesem Semester genommen wird. Anderseits ist es auch ein Vorteil für diejenigen, die von der Frist Kenntnis haben und rechtzeitig einen Antrag auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität gestellt haben. Es ist hier mit deutlich weniger Klägern zu rechnen, so dass die Chancen auf einen Studienplatz steigen.

Tipp: Rechtzeitig den Kapazitätsprozess planen, damit ihr auch in den Bundesländern klagen könnt, wo schon ziemlich früh die Fristen ablaufen!

Da sich das Kapazitätsverfahren auf Art. 12 GG stützt, kann an einer privaten Hochschule nicht geklagt werden. Das liegt daran, dass die Grundrechte primär im Verhältnis Staat und Bürger gelten. Zwischen euch und den privaten Universitäten fehlt es dagegen an einem Über- und Unterverhältnis im verwaltungsrechtlichen Sinne. Außerdem gibt es in fast keinen Fällen einen NC, so dass die Studienplatzklage schon gar nicht in Betracht kommt.

Das Verfahren der Klage ist juristisch gesehen meist ein Antrag auf einstweiligen Rechtschutz. Durch diese Maßnahme soll das Verfahren beschleunigt werden und alsbald eine Zulassung erreicht werden. Teilweise kommt es anschließend zu einem Hauptsacheverfahren, in welchem das jeweilige Gericht über die endgültige Zulassung entscheidet. Dabei kann es in sehr seltenen Fällen dazu kommen, dass der erstrittene Studienplatz aus dem einstweiligen Verfahren wieder verloren geht. In den meisten Fällen enden die Verfahren jedoch durch einen Vergleich. Dieser Vergleich sieht häufig so aus, dass eine gewisse Anzahl an Studienplätze zur Verfügung gestellt wird und im Gegenzug die Kosten getragen werden.

Die zunehmende Zahl der Kläger wirkt sich jedoch auch auf die Dauer aus. Allgemein wird damit gerechnet, dass die Gerichte bis zum Ende des jeweiligen Jahres für das Wintersemester entschieden haben und bis Mitte des Jahres für das Sommersemester. Die verspätete Zulassung wird von den Universitäten in der Regel mit speziellen Kursen zum Nachholen des Stoffes abgefedert. In Einzelfällen kann die Entscheidung aber auch länger dauern. Im Vergleich zum Warten auf den Studienplatz in der Wartezeitquote fällt dieses Warten aber kaum ins Gewicht.

Die subjektiven Kriterien der einzelnen Kläger wie etwa die Abiturnote spielen, wie bereits angedeutet, nur in Ausnahmefällen eine Rolle. Doch wie kann ich trotzdem meine persönlichen Chancen auf einen Studienplatz erhöhen?

Grundsätzlich gilt, die Chancen einer Studienplatzklage sind abhängig von der Anzahl der Kläger an der jeweiligen Hochschule, der Anzahl an verklagten Hochschulen und dem Studienfach. Weitere Infos zu den Chancen…

Natürlich entstehen durch das Verwaltungsverfahren auch Kosten. Dies sollte man sich gleich von Anfang an klar machen. Das telefonische Erstgespräch ist für gewöhnlich kostenfrei. Sollte dies nicht der Fall sein, wendet euch am besten direkt an eine Kanzlei, bei der das so ist! Die Kosten setzen sich nun aus folgenden Positionen zusammen:

  • eigene Anwaltskosten
  • gegnerische Anwaltskosten (Anwälte der Unis)
  • Gerichtskosten
Ausführliche Informationen zu den Kosten mit Beispielen findet ihr hier…

Viele angehende Studierende fragen sich, ob es moralisch verwerflich sei, die Uni zu verklagen und auf diesem Wege seinen Platz zu erhalten. Es bestehen Bedenken, dass sie dadurch anderen, möglicherweise besseren Abiturienten, einen Platz wegnehmen würden. Wir können euch beruhigen, dass ist nicht so!

Durch die Studienplatzklage werden versteckte – außerkapazitäre – Plätze gefunden. Diese Plätze werden gerade nicht in den normalen Vergabeverfahren (Abiturbestenquote, Auswahlverfahren der Hochschulen, Wartezeitquote) verteilt, da sie ja (ursprünglich) nicht vorhanden sind.

Auch sagt der Abischnitt nicht zwingend etwas über die Studierfähigkeit oder den späteren Studienerfolg aus. Nur weil jemand sein Abitur mit 1,5 gemacht hat, muss er kein besserer Arzt oder Anwalt werden, als jemand, der „nur“ mit 2,3 abgeschnitten hat.

Ihr braucht auch keine Sorgen haben, dass ihr nach der Klage in der Uni Probleme bekommt. Die Professoren wissen nicht, wer auf welcher Weise zugelassen wurde. Dazu gibt es einfach zu viele Studierende. Sollte es doch einmal Schwierigkeiten geben, meldet ihr euch einfach nochmals bei eurem Anwalt. Der wird dann die notwendigen Schritte in die Wege leiten. Es kann und darf nicht sein, dass ihr später Probleme habt, weil ihr euer (Grund-)Recht eingeklagt habt.

Fazit

Zusammenfassend ist das Einklagen in die Hochschule durchaus ein Weg zum erwünschten und auf normalem Wege nicht zu erreichenden Studienfach. Gerade in kleineren Studienfächern oder Hochschulen sind die Aussichten wirklich vielversprechend. In größeren Studiengängen sollten möglichst viele Hochschulen gleichzeitig verklagt werden, um auch hier reelle Chancen zu haben.

Für den Erfolg kann allerdings niemand garantieren und die Kosten sollten vorher bedacht werden. Interessenten sollten sich in jedem Fall in fachspezifischen Kanzleien beraten lassen, um eine genaue Aufstellung der verschiedenen Punkte (Chancen, Kosten, usw.) für ihre Situation zu erhalten.