Um Volljurist zu werden, muss zusätzlich zum Ersten Staatsexamen auch das Zweite Staatsexamen absolviert werden. Dieses kann nach dem Absolvieren des zweijährigen sog. Juristischen Vorbereitungsdienstes (Referendariat) abgelegt werden. Stoff des Zweiten Staatsexamen ist – zusätzlich zum bisher gelernten – das Prozessrecht.

Während des Rechtsreferendariats besucht man verschiedene Stationen, die jeweils von einer Arbeitsgemeinschaft begleitet werden. Die Stationen sind folgende:

In der Zivilstation wird man einem Richter oder einer Richterin beim Amts- oder Landgericht zugeteilt. Dort soll man lernen, wie sich der Gerichtsalltag in der Praxis gestaltet. In der Regel nimmt man an allen Gerichtsverhandlungen teil, welche meist ein bis zwei Mal pro Woche stattfinden und erhält im Anschluss daran eine entscheidungsreife Akte mit nach Hause, für die man bis zum nächsten Termin eine Entscheidung (meist ein Urteil) entwerfen soll. Manche Richterinnen / Richter geben einem die Möglichkeit, auch einmal selbst eine mündliche Verhandlung zu leiten, dies hängt aber von dem jeweiligen Richter ab. Dabei wird man aber keinesfalls allein gelassen, sondern die Ausbilderin / der Ausbilder sitzen während der Verhandlung neben einem, sodass sie im Notfall korrigierend eingreifen können

Die Strafrechtsstation bei der Staatsanwaltschaft zählt zu den ereignisreichsten Stationen des Referendariats. Vor der Staatsanwaltschaft kann man sich einer bestimmten Staatsanwältin oder einem bestimmten Staatsanwalt zuteilen lassen. Das bietet sich insbesondere dann an, wenn man in eine bestimmte Abteilung möchte, z.B. in die Abteilung für Wirtschaftsstrafsachen, organisierte Kriminalität oder Betäubungsmittelkriminalität. Ansonsten wird man automatisch durch die Referendarsverwaltung zugeteilt und kommt mit großer Wahrscheinlichkeit in eine allgemeine Abteilung. Auch hier bekommt man wöchentlich eine oder mehrere Akten der Staatsanwältin / des Staatsanwaltschaft mit nach Hause für die man Anklagenentwürfe verfassen muss. Parallel wird man zu Sitzungsvertretungen eingeteilt, d.h. man übernimmt in strafrechtlichen Verhandlungen die Rolle des Staatsanwaltes; von der Anklageverlesung über Zeugenverhöre bis hin zum Halten des Plädoyers mit Strafantrag. Hier tritt man zum ersten Mal selbstständig als Organ der Rechtspflege nach außen auf und hat einen eigenen Verantwortungsbereich ohne, dass eine Aufsichtsperson neben einem sitzt.

Für die Verwaltungsstation kann man sich selbst eine Behörde auswählen und sich dort bewerben. Die Verwaltungsstation kann man z.B. bei einem Bundes- oder Landesministerium, Rechtsamt, Forstamt oder bei dem Polizeipräsidenten absolvieren. Gerade bei den beliebten Stationen empfiehlt es sich aber, sich frühzeitig für die Verwaltungsstation zu bewerben. Die inhaltliche Ausgestaltung der Verwaltungsstation ist je nach gewählter Behörde sehr verschieden und kann auch von Zeitaufwand und von der Examensrelevanz sehr variieren. Für alle Verwaltungsstationen gilt aber, dass man als Referendar die rechtlichen Problembereiche der jeweiligen Behörde behandelt und Lösungen hierfür entwickelt.

In der Rechtsanwaltsstation lernt man die anwaltliche Praxis genauer kennen. Die Rechtsanwaltsstation ist mit neun Monaten die längste Ausbildungsstation. Dies wird damit begründet, dass die meisten der Referendare nach der Ausbildung als Rechtsanwälte tätig sein werden. Für die Rechtsanwaltsstation kann man sich einen Volljuristen im In- und Ausland auswählen, wobei man die Station nicht nur bei einem Rechtsanwalt, sondern auch bei Notaren oder in Rechtsabteilungen von Unternehmen absolvieren kann. Der Inhalt der Rechtsanwaltsstation hängt von dem jeweiligen Ausbilder ab und kann daher auch stark variieren. Im Wesentlichen geht es aber darum, Mandanten rechtlich zu beraten und Mandate erfolgreich zu betreuen. Dabei darf man unter Umständen auch mal eine Terminsvertretung übernehmen und kann dadurch die anwaltliche Praxis im Gerichtssaal einmal genauer kennen lernen.

Im Anschluss an die schriftlichen Prüfungen des Zweiten Staatsexamens muss noch die Wahlstation absolviert werden. Hierfür kann man sich einen Volljuristen im In- oder Ausland auf dem Fachgebiet seiner Wahl auswählen. Die Wahlstation dauert grundsätzlich vier Monate und kann in einigen Bundesländern auf drei Monate verkürzt werden, wenn man an einem Aktenvortragslehrgang für die mündliche Examensprüfung teilnimmt.

Zweite juristische Prüfung (Zweites Staatsexamen)

Der Ablauf der Examensprüfungen entspricht im Wesentlichen dem des Ersten Staatsexamens, d.h. es sind grundsätzlich zwei Zivilrechtsklausuren, zwei Strafrechtsklausuren und zwei Klausuren des öffentlichen Rechts zu schreiben. Ein Unterschied zum Ersten Staatsexamen besteht darin, dass sich der Examenskandidat das Rechtsgebiet für die siebente Klausur (sog. Wahlfachklausur) frei auswählen kann. Hierbei kann man zwischen den drei großen Rechtsgebieten Zivilrecht, Strafrecht und öffentliches Recht wählen, wobei in diesem Rechtgebiet dann vertiefte Kenntnisse abgeprüft werden.

In vielen Bundesländern muss man ca. drei Monate vor den schriftlichen Examensklausuren noch an sog. Probeexamina teilnehmen. Dabei handelt es sich um einen Klausurenkurs, bei dem man zwei Mal sechs Klausen zur Übung schreiben muss, wobei im Anschluss daran eine ausführliche Auswertung erfolgt. Das Probeexamen bietet einem dadurch die Möglichkeit, noch vor dem schriftlichen Examen den eigenen Wissensstand zu kontrollieren, um eventuell in letzter Minute noch nachbessern zu können.